Beschluss der BDKJ-Bundesfrauenkonferenz April 2022 zum §219a StGB (Werbeverbot für Abtreibungen
Wir begrüßen die geplante Abschaffung des §219a StGB durch die Bundesregierung, der bislang die öffentliche umfassende Information von Ärzt*innen oder Kliniken über Schwangerschaftsabbrüche als medizinische Eingriffe weitgehend unter Strafe gestellt hat. Wir stellen uns entschieden gegen alle Argumente, die die Debatte um §219a1 und §2182 StGB vermischen.
Es ist nicht hinnehmbar, dass die bloße Information darüber, wo und wie Abtreibungen durchgeführt werden, strafbar sein soll, denn:
• Die Gleichsetzung von „Information“ mit „Werbung“ ist
frauenfeindlich und feindlich gegenüber schwangeren Menschen. Sie unterstellt,
dass Frauen und schwangere Menschen die Informationen, die ihnen zur Verfügung
stehen, nicht selbst angemessen einordnen und zu einer informierten
Entscheidung kommen können, sondern sich durch eine Information, wie durch
Produktwerbung, manipulieren lassen würden. Es war unter anderem der
nationalsozialistische Gesetzgeber, der unterstellte, dass erst Annoncen für
Abtreibungspraxen die schwangeren Menschen auf die Idee eines Schwangerschaftsabbruchs
bringen würden (Wissenschaftlicher Dienst des deutschen Bundestages, 2017).
Dieses faschistische Frauenbild lehnen wir entschieden ab.
• Manipulation und Unfreiheit gedeihen im Gegenteil gerade
dort, wo verlässliche Informationen fehlen.
• Die Kriminalisierung von Informationen über den
Schwangerschaftsabbruch befördert frauenfeindliche und aggressive
Einschüchterungskampagnen radikaler Abtreibungsgegner*innen.
• Der beste Schutz für ungeborenes Leben ist, wenn schwangere
Menschen die Sicherheit haben, sich sicher informieren zu können. Verantwortung
kann man am besten übernehmen, wenn man sich umfassend informieren kann.
• Das Informationsverbot verschleiert zudem ein Bewusstsein
dafür, dass Schwangerschaftsabbrüche in einigen Gegenden Deutschlands nicht
mehr zugänglich sind. Somit geraten schwangere Menschen im Konflikt unter einen
zusätzlichen Zeitdruck, der eine Entscheidung für oder gegen einen Abbruch erschwert.
In einem demokratischen Staat dürfen Informationen, die nicht
gegen die Würde und Freiheit der Bürger*innen oder die freiheitliche
Grundordnung verstoßen, nicht verboten sein. Wie sonst sollten wir staatliche
Zensur in undemokratischen Staaten glaubwürdig kritisieren können?
Die Abschaffung des §219a StGB ist darum überfällig.