Quelle: PM der Deutschen Bischofskonferenz
Synodaler Weg: Studieneinheit und weitere Schritte
Die dritte Synodalversammlung des Synodalen Weges der Kirche in Deutschland (3.–5. Februar 2022) hat gezeigt, dass uns der eingeschlagene Weg zu den Kernfragen führt und weiterbringt. Das Programm, das wir auf dem Synodalen Weg bewältigen, ist nicht nur vom Umfang her immens, sondern die komplexen Fragen sind auch eine theologische Herausforderung. Das betrifft sowohl die sehr grundsätzlichen Fragen, an die wir immer wieder stoßen, das betrifft die Kontroversen, die greifbar geworden sind und wichtige Einzelthemen, zu denen wir uns als Bischöfe in den kommenden Abstimmungen verhalten müssen. Bereits im Ständigen Rat am 24./25. Januar 2022 – also vor der Synodalversammlung – hatten wir uns verständigt, einen Großteil dieser Vollversammlung mit genau diesen theologischen Fragen zu gestalten. Ich bin dankbar, dass wir mehrere Gäste unter uns hatten, und zwar die CoVorsitzenden der Synodalforen, Birgit Mock, Dr. Claudia Lücking-Michel, Stephan Buttgereit und Prof. Dr. Dorothea Sattler. Ebenso war der Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und Vizepräsident des Synodalen Weges, Prof. Dr. Thomas Söding, anwesend. Wir haben zur Hälfte im Plenum und zur Hälfte in jeweils vier parallelen Arbeitsgruppen getagt.
Im Plenum ging es dabei um die beiden grundsätzlichen Themenkomplexe von Anthropologie (am Beispiel von Segensfeiern) und Ekklesiologie (am Beispiel der Frauenordination). Zum ersten Bereich haben Bischof Dr. Peter Kohlgraf, Bischof Dr. Stefan Oster SDB und Weihbischof Johannes Wübbe die Fragestellungen ausgeleuchtet, bevor wir alle gemeinsam die verschiedenen Positionen diskutiert haben; in der zweiten Runde kamen die Eingangsstatements von Bischof Dr. Michael Gerber, Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann und Weihbischof Dr. Stefan Zekorn zum Tragen.
In der Gruppenarbeit wurde folgenden, von den Bischöfen vorher angemeldeten Themen nachgegangen:
• Bischöfliche Letztentscheidung und verantwortliche Rechenschaftslegung. Ergänzung oder Widerspruch?
• Selbstbindung des Bischofs an diözesane Gremien: Verschränkung von „decision making“ und „decision taking“?
• Wie gewinnt die Kirche Menschen für das Priestertum?
• Wie sieht die Zukunft der zölibatären Lebensform aus?
• Förderung der Rolle der Frau in der Kirche: Maximalforderungen oder kleine Schritte?
• Zugang von Frauen zum Diakonat. Unterstützen? Fordern? Wie einbringen?
• Was unterscheidet das Ehesakrament von einer Segensfeier?
• Wie kann eine künftige Sexualpädagogik auf der Grundlage eines christlichen Menschenbildes aussehen?
• Wie kann Synodalität in der Arbeit eines „Synodalen Rates“ konkrete Gestalt gewinnen?
• Ist eine Kirche, die sich verändert, noch „meine Kirche“?
Das sind sehr konkret die Fragestellungen, die in der nächsten Synodalversammlung auf der Tagesordnung stehen werden. Auch wenn die dann zur Abstimmung vorliegenden Texte jetzt
noch nicht diskutiert werden konnten, weil sie von den Synodalforen noch nicht abschließend beraten worden sind, so konnten wir in unserem Austausch doch schon die Herausforderungen besprechen und reflektieren, welche Veränderungen aus unserer Sicht für die Zukunftsfähigkeit von Kirche notwendig sind. Um es an einem Beispiel konkret zu machen: bei der Frage, wie in Zukunft ein Synodaler Rat aussehen kann, wurde intensiv diskutiert, wie unser bischöfliches Amt sich verändern kann und muss, aber auch, wie ein solcher neuer Rat sich sinnvoll in die bisherigen Strukturen integrieren kann.
Neben diesen grundsätzlichen theologischen Debatten, die wir geführt haben und zu denen es keine Beschlüsse gibt, sondern die der grundlegenden Verständigung dienen sollten, haben wir uns auch mit dem weiteren Fortgang des Synodalen Weges auseinandergesetzt.
Die dritte Synodalversammlung hat erstmalig Beschlüsse des Synodalen Weges gemäß Art. 11 Abs. 1 Satzung Synodaler Weg (SaSW) gefasst. Beschlossen wurden der Orientierungstext „Auf dem Weg der Umkehr und der Erneuerung“ (vorgelegt vom Synodalpräsidium), der Grundtext „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag“ (Synodalforum I „Macht und Gewaltenteilung“) und der Handlungstext „Einbeziehung der Gläubigen in die Bestellung des Diözesanbischofs“ (Synodalforum I „Macht und Gewaltenteilung“).
Laut Satzung entfalten die Beschlüsse von sich aus keine Rechtswirkung und binden weder die Deutsche Bischofskonferenz noch die einzelnen Diözesanbischöfe in ihrer jeweiligen Zuständigkeit, Rechtsnormen zu erlassen und ihr Lehramt auszuüben (vgl. Art. 11 Abs. 5 SaSW). Während in der Satzung geregelt ist, dass Beschlüsse, deren Themen einer gesamtkirchlichen Regelung vorbehalten sind, dem Apostolischen Stuhl als Votum des Synodalen Weges übermittelt werden (vgl. Art. 12 Abs. 2 SaSW), stellt sich die Frage, wie und wann jene Beschlüsse des Synodalen Weges, die keiner gesamtkirchlichen Regelung vorbehalten sind, denen aber doch auch mindestens eine Zweidrittelmehrheit der Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz zugestimmt hat, auf den verschiedenen Ebenen der (Erz-)Diözese und der Bischofskonferenz Umsetzung erfahren können. Die Satzung regelt dies nicht, sondern setzt lediglich in Art. 13 SaSW drei Jahre nach der letzten Synodalversammlung eine Evaluation an. Das Synodalpräsidium hat in seiner Sitzung am 8. Februar 2022 entschieden, dass mit der Umsetzung der Beschlüsse sukzessive begonnen wird. Damit wird die Ernsthaftigkeit der aus den Beratungen hervorgegangenen Beschlüsse unterstrichen und gleichzeitig können durch dieses Vorgehen weitere synodale Erfahrungen gemacht und neue Formen der Beratung und der Zusammenarbeit erprobt werden, die eine zukünftig noch deutlicher synodale Kirche prägen.
In unserer Diskussion während der Vollversammlung haben wir uns daher mit der Frage befasst, wie es nach dem Synodalen Weg weitergeht, denn die Beschlüsse der Synodalversammlung betreffen sehr unterschiedliche Ebenen kirchlichen Handelns:
• zum Teil geben die Beschlüsse Impulse für die Haltungen, in denen wir gemeinsam Kirche sind,
• zum Teil werden Rahmenvorgaben für diözesanes Recht oder gemeinsame Ordnungen zur Regelung einer Materie im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz empfohlen und
• es wird Beschlüsse geben, die in die synodalen Prozesse auf der Ebene der Weltkirche eingespeist werden, oder die zur weiteren Klärung dem Apostolischen Stuhl vorgelegt werden müssen.
Mit Blick auf die Dynamik, die der Synodale Weg inzwischen entfaltet hat, und auf die Evaluation erscheint es sinnvoll, die Beschlüsse nicht nur in die jeweilige Zuständigkeit zu verweisen, sondern die Phase der Umsetzung gebündelt zu monitoren. Ziel dieses Prozesses ist,
• die Dynamik des Synodalen Weges lebendig zu halten, der davon lebt, dass die sehr konkreten Einzelthemen im Licht des Ganzen gesehen und gedeutet werden. Es darf nicht passieren, dass diese Kraft und Lebendigkeit durch die Atomisierung in einzelne Beschlüsse geschwächt werden;
• die Beschlüsse in die bestehenden kirchlichen Strukturen zu integrieren und die entsprechenden Bereiche an der Umsetzung zu beteiligen, um eine nachhaltige Veränderung des Systems zu erreichen;
• die Perspektiven, die sich für die Zukunft der Kirche aus dem Orientierungstext des Präsidiums und den Grundtexten der Synodalforen ergeben, in das kirchliche Leben zu integrieren;
• sicherzustellen, dass die Erfahrungen in der gemeinsam getragenen Verantwortung des
Synodalen Wegs auch die Umsetzungsphase prägen, um so die Synodalität als ekklesiologische Grundausrichtung nachhaltig zu stärken.
Wie ein solches Monitoring im Detail aussehen kann, werden wir weiter erarbeiten. Wichtig war in der Vollversammlung, dass wir uns mit einer Mehrheit auf einen solchen Schritt verständigt haben. Das zeigt: wir machen ernst. Gleichzeitig müssen wir in der Implementierung der Beschlüsse der Unterschiedlichkeit der Diözesen und der Tatsache Rechnung tragen, dass bei den Diözesanbischöfen eine hohe Verantwortung liegt.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal kurz auf die Situation im Erzbistum Köln eingehen und wiederhole bewusst, was ich am Montag bereits gesagt habe. Die Auszeit von Kardinal Rainer Maria Woelki ist vorbei. Seit Aschermittwoch hat er seinen Dienst im Erzbistum Köln wieder aufgenommen. Ich bin dankbar, dass er hier in Vierzehnheiligen dabei war und sich in die Vollversammlung mit eingebracht hat. Gleichzeitig bin ich ihm dankbar, dass er dargelegt hat, wie er die Auszeit erlebt und was das in ihm ausgelöst hat. Ich wünsche ihm und dem Erzbistum Köln, dass beide Seiten aufeinander zugehen und Brücken des Dialogs und der Verständigung bauen. Kardinal Woelki hat einen Hirtenbrief veröffentlicht, in dem er Hinweise gibt, wie der Weg von seiner Seite aussehen kann. Es liegt nun an allen, das zu konkretisieren. Und sein Angebot zum Rücktritt liegt in Rom vor. Dort wird man eine Entscheidung treffen müssen. Ich betone sehr deutlich: Ich wünsche mir, dass ein Weg der Versöhnung im Erzbistum Köln gelingt und hoffe, dass dieser sich positiv auf die Kirche in Deutschland auswirkt. Auch für Kardinal Woelki und das Erzbistum Köln gelten: Jeder hat eine neue Chance verdient.