Nachdem sich Bundespräsident Horst Köhler in die von Ministerpräsident Rüttgers angestoßene Debatte um die Auszahlungsbeträge der Arbeitslosenversicherung I eingemischt hat, reagierte die Union verschnupft. Der Bundespräsident solle sich nicht in aktuelle Themen einmischen, so manche CDUler. Das ist natürlich Unfug: Der Bundespräsident darf und muß sich sogar einmischen, insbesondere wenn ein dermaßen absurder Vorschlang vom Ministerpräsidenten des bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland kommt. Rüttgers hatte vorgeschlagen, die Auszahlung von ALG I an den Zeitraum der Einzahlung zu knüpfen, wodurch ältere Arbeitslose tendenziell mehr bekommen würden, als jüngere. Dieser Vorschlag ist offensichtlich absurd, denn es widerspricht dem Versicherungsprinzip. Eine Versicherung zahlt dann aus, wenn ein Versicherungsfall eintritt, beispielsweise Krankheit, Brand, Autounfall usw. Kein Mensch würde auf die Idee kommen, daß die Kaskoversicherung vom Zeitraum der Einzahlung abhängen soll.
Das Problematische am Vorstoß Rüttgers ist, daß er sich gut und sogar einigermaßen plausibel anhört: Wer mehr gezahlt hat, soll auch mehr zahlen. Das wäre auch in Ordnung, wenn die Arbeitslosenversicherung eine richtige Sparform wäre, wie das manche Lebensversicherungen sind.
Daß gerade die SPD wütend reagiert hat, ist verständlich. Denn Rüttgers, der diese Zusammenhänge eigentlich kapieren sollte, macht diesen Vorschlag lediglich um in der SPD-Wählerschaft gut anzukommen mit einem Vorschlag, der nicht einmal von der SPD gemacht wird, weil er absurd ist. Rüttgers betreibt also nichts anderes als Populismus übelster Art.
Unter solchen Umständen ist es notwendig, daß sich der Bundespräsident einmischt.
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