Kardinal Reinhard Marx. Foto. Erzbistum München und Freising |
Als erster deutscher Bischof brachte Franz-Josef Bode von Osnabrück das Thema an die Öffentlichkeit.
In der Bischofskonferenz ist Bode wohl der liberalste Bischof, der stets Vorschläge macht, die der katholischen Sexualmoral widersprechen: Die Kirche kann keinen Segen für eine Partnerschaft erteilen, deren Grundlage eine sündhafte Handlung ist. Dazu gehören sog. wilde Ehen, Partnerschaften wiederverheirateter Geschiedener, polygame Beziehungen und eben auch Paare von homosexuellen.
Wäre Bischof Bode konsequent gewesen, hätte er Segnungen für alle möglichen Konstellationen von Partnerschaften fordern können, doch dann wäre es zu offensichtlich gewesen, dass sein Ansinnen antikatholisch ist.
Nun macht sich auch Kardinal Marx, immerhin Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz, für Segnungen homosexueller Paare stark. Kardinal Marx ist auch Präsident der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft (ComECE) und Mitglied des von Papst Franziskus gebildeten Kardinalrates, der eine Reform der vatikanischen Kurie einleiten soll.
Wer diesen heterodoxen Vorschlag gemacht hat, ist also kein Leichtgewicht in der katholischen Kirche. Oder anders ausgedrückt: Wenn die katholische Kirche solche Prälaten hat, braucht sie keine Feinde mehr.
Kardinal Marx wollte nicht so weit wie Bischof Bode gehen, und sprach sich zugunsten von Segnungen im „Einzelfall“ aus. Doch das ist nichts anderes als ein Feigenblatt: Wenn Segnungen im Einzelfall bei homosexuellen Paaren in Ordnung sind, so ist die (praktizierte) Homosexualität kein Hinderungsgrund mehr. Es müsste ein anderes Merkmal hinzukommen, um den Segen zu verweigern.
Dass gerade Kardinal Marx und Bischof Bode vorschlagen, homosexuelle Paare zu segnen (und damit Homosexualität de facto als moralisch unbedenklich anzusehen), kommt nicht unerwartet.
Im Vorfeld der Familiensynode im Herbst 2015 waren diese beiden (würdigen?) Würdenträger die wichtigsten Verbündeten von Kardinal Kasper im deutschen Episkopat. Kardinal Kasper forderte in einem viel beachteten Vortrag an die Kardinäle Anfang 2014 die Öffnung der Sakramente für wiederverheiratete Geschiedene. Das würde im Grunde bedeuten, dass die Kirche sexuelle Akte außerhalb der Ehe als nicht mehr so gravierend ansieht. Jedenfalls als nicht so gravierend, dass sie den Empfang der Kommunion verhindern. Falls aber wiederverheiratete Geschiedene die Kommunion nun empfangen dürfen, wieso nicht alle Personen, die in irgendeiner Art und Weise schwer gegen das Sechste Gebot verstoßen?
Kein Wunder, dass kurz nach Kaspers Ansprache an die Kardinäle schon manche eine umfassende Reform bis hin zu einer Abschaffung der katholischen Sexualmoral forderten, als ob sich die göttlichen Gebote reformieren ließe. Mal wieder waren die deutschen Amtsträger an erster Stelle. Auch verlangte man eine moralische Neubewertung der Homosexualität, was aber die afrikanischen und viele osteuropäischen Bischöfe auf die Barrikaden brachte.
Speziell in Deutschland veröffentlichte das unselige „Zentralkomitee der deutschen Katholiken“ im Mai 2015 ein Positionspapier, in welchem eine radikale Abkehr der katholischen Sexualmoral verlangt wird. Auch sollte praktizierte Homosexualität als unbedenklich eingestuft werden und gleichgeschlechtliche Paare den kirchlichen Segen erhalten dürfen.
Damals erkannte Kardinal Marx, dass diese Forderungen zu weit gingen und den Widerstand gegen jegliche Lockerung der Sexualmoral und der Lehre über die Ehe (wie eben die Zulassung der wiederverheirateten Geschiedenen zu Kommunion) verstärkte. Kardinal Marx lehnte damals Segnungen für homosexuelle Paare scharf ab.
Nach den neuesten Stellungnahmen wird sonnenklar, dass die damalige Positionierung bloße Taktik war. Nun sieht offensichtlich Kardinal Marx die Zeit für weitere „Neuerungen“ gekommen.
Was streben Kardinal Marx und Bischof Bode überhaupt an?
Im Vorgehen dieser beiden Prälaten lassen sich gewisse Grundlinien erkennen: 1. Die Sexualmoral der katholischen Kirche scheint für sie nicht etwas, das sich aus der Bibel ableiten lässt, sondern ein menschliches Werk zu sein, das man auch nach menschlichem Ermessen ändern kann. 2. Damit verbunden ist wohl die Auffassung, dass das Naturrecht (zumindest) für die Sexualität (und für die Ehe) nicht gilt. Wenn das so ist, dann gibt es auch keine überzeitlichen und universellen Normen, die immer und für jeden gelten. Die Sexualethik wird bestenfalls zu einer Art Gewohnheitsrecht heruntergestuft.
Wenn die Sexualmoral aber nicht für immer und ewig definiert und unveränderbar ist, wonach richtet sie sich denn?
Für Kardinal Marx und für Bischof Bode steht fest: Die katholische Sexualmoral muss sich der sexuellen Revolution anpassen.
Die erwähnten Vorschläge dieser beiden Prälaten und jene aus dem deutschen Progressismus lassen sich so zusammenfassen: Die katholische Sexualmoral muss durch die Maximen der sexuellen Revolution ersetzt werden. Konkret bedeutet das: Es gibt keine in sich moralisch falsche sexuelle Handlungen, Wünsche, Vorstellungen. Alles ist erlaubt (solange keine Gewalt gegenüber Dritten angewendet wird).
Sie sagen das natürlich nicht so direkt, aber anders kann man die Auslassungen des deutschen Progressismus nicht interpretieren. Wann hat man zuletzt einen Vorschlag gehört, der mehr Disziplin, Abstinenz, Keuschheit, Anstand in den Moden etc. etc. verlangt?
Das Leitbild von Bischof Bode, von Kardinal Marx und generell des deutschen Progressismus ist die sexuelle Revolution nach der Maximen der 1968er-Revolution.
Wie diese Auseinandersetzung ausgehen wird, ist noch ungewiss. Vor allem stellt sich die Frage, wie stark der Widerstand im Kirchenvolk gegen dieses Zerstörungswerk sein wird. Auf eines muss man sich aber sicher vorbereiten: Die katholische Kirche in Deutschland geht turbulenten Zeiten entgegen.