Ministerpräsident Stephan Weil, Quelle: Staatskanzlei Hannover/Christian Burkert |
Der alte und künftige Ministerpräsident Stephan Weil und Bernd Althusmann, der das Amt des Wirtschaftsministers übernehmen wird, betonten, dass das Thema Bildung in den Verhandlungen besonders wichtig gewesen sei (wie das schon während des Wahlkampfes der Fall war).
Man hätte sich aber gut geeinigt. Weil: „Der Schulfrieden ist geschlossen und vereinbart“.
Diese Aussage ist bedeutsam, denn während des Wahlkampfes war Schule eines der wichtigsten Themen. Die Empörung bei Eltern und Lehrern kannte keine Grenzen. Maßgeblich für diese Situation war Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD), die eine dezidiert egalitäre und ideologisch orientierte Bildungspolitik betrieb. Ihre Schulpolitik war dermaßen verfehlt, dass sie die Lehrerverbände gegen sich aufgebracht hat. Nach der letzten Landtagswahl gab sie bekannt, keinem Kabinett mehr angehören zu wollen.
Die wichtigsten Bildungspolitischen Punkte des „Schulfriedens zwischen CDU und SPD“ lauten:
• Kindergärten sollen kostenfrei werden.
• Weitere 1.000 Lehrerstellen sollen geschaffen werden.
• Es gibt weiterhin keine Schullaufbahnempfehlung nach der vierten Klasse. Die Noten „1“ bis „6“ werden dagegen wieder Pflicht.
• Inklusion: Die Förderschulen bleiben zunächst weiter bestehen. Die Schulträger hätten damit die Möglichkeit, an diesen Schulen weitere vier Jahre lang Kinder einzuschulen, wodurch der Übergang zur vollständigen Inklusion verlängert worden ist.
Was ist davon zu halten?
1. Es fällt auf, dass die Lerneinheit „Sexuelle Vielfalt“ nicht behandelt worden ist, obwohl sie noch vor wenigen Jahren scharf von der CDU angegriffen worden ist. So wie es aussieht, hat sich die CDU auch in Niedersachsen mit Gender in den Schulen abgefunden.
2. „Kostenlose Kindergärten“ klingt zwar zunächst sehr schön und sozial. Doch die SPD verbindet damit das mittel- oder langfristige Ziel, Kindergärten (und später Kitas) zur Pflicht zu machen. Zudem ist überhaupt keine Kompensation für Eltern vorgesehen, die ihre Kinder nicht in den Kindergarten schicken wollen oder können. Das ist bemerkenswert, weil das Interesse für private und flexible Erziehungsmodelle rasant steigt. Die Privatschulen (wo die Eltern mehr Einfluss haben) werden beispielsweise aufgrund der Bildungsmisere immer beliebter. Die Maßnahmen in Niedersachsen setzen dafür einseitig auf den Staat.
3. Die Abschaffung der Schullaufbahnempfehlung ist eine alte rot-grüne Maßnahme, die nicht nur leistungsfeindlich ist, sondern auch Konzepten der linken Emanzipationspädagogik folgt, wie etwa, dass das Kind sich mehr oder frei entwickeln soll, ohne zu versuchen, auf es Einfluss zu nehmen oder es zu fördern.
4. Inklusion klingt auch zunächst positiv, doch landauf, landab wird kritisiert, das Konzept es sei nicht praktikabel, jedenfalls nicht in der umfassenden Form, wie die Schulpolitiker das vorschreiben. In Hessen sind Schulleiter auf die Barrikaden gegangen und beschweren sich, dass ein normaler Unterricht völlig unmöglich sei. Inklusion war auch eines der Lieblingsthemen der alten und äußerst unbeliebten Kultusministerin, Frauke Heiligenstadt (SPD). Die neue Koalition Niedersachsens hat wohl eingesehen, dass Inklusion mit der Brechstange nicht möglich ist, am Grundkonzept scheint sie nichts ändern zu wollen.
Fazit: Die Schulpolitik in Niedersachsen bleibt im Wesentlichen eine rot-grüne Schulpolitik. Obwohl die Schule ein traditionelles Feld der CDU ist, hat sie nicht die Kraft oder den Willen gehabt, eigene Akzente oder gar den Kultusminister zu stellen. Nur in Kleinigkeiten erkennt man die alten schulpolitischen Prinzipien der CDU, wie etwa in der Wiedereinführung von Noten in der Grundschule.
SPD und CDU werden am Wochenende Landesparteitage abhalten, in denen über den Koalitionsvertrag abgestimmt. Am 22. November wird voraussichtlich die neue Landesregierung vom Landtag gewählt werden.
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