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Kultusminister Ralph Alexander Lorz. Foto: HKM/Manjit Jari |
Seine Urteil: Der neue Lehrplan verstößt gegen Verfassungsrecht und gegen das Hessische Schulgesetz.
Winterhoff erläutert ausführlich, dass ein Lernziel „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ gegen das sog. Indoktrinationsverbot“ verstößt: „Die Schule muss den Versuch einer Indoktrinierung der Schüler mit dem Ziel unterlassen, ein bestimmtes Sexualverhalten zu befürworten oder abzulehnen.“ (Vgl. Urteil Bundesverwaltungsgericht vom 8. Mai 2008).
Zudem wird das Elternrecht im hochsensiblen Bereich der Sexualerziehung übermäßig eingeschränkt. Es gilt nämlich: „Die den Schulen auf dem Gebiet der Sexualerziehung auferlegten Gebote der Zurückhaltung und Toleranz stellen regelmäßig sicher, dass unzumutbare Glaubens- und Gewissenskonflikte bei Eltern und Schülern nicht entstehen.“
Diese Leitsätze besitzen verfassungsrang und sind auch im Hessischen Schulgesetz berücksichtigt.
Professor Winterhoff bestätigt mit seinem Vortrag die Argumente diverser Kritiker, die schon gleich am Anfang auf diesen Punkt hingewiesen haben, wie etwa der Philologenverband oder die Landeselternvertretung.
Kultusminister Ralph Alexander Lorz hat sich zur neuen Kritik an seinem Erlass nicht geäußert. Doch ein früheres Schreiben, in welchem er seinen Lehrplan verteidigt, zeigt, wie gerechtfertigt Winterhoffs Einwände sind: Für den hessischen Kultusminister steht fest, dass laut dem neuen Lehrplan „Akzeptanz“ gefordert werden soll. Daran lässt er keinen Zweifel, wie unten erläutert wird. Doch bestätigt er genau die Vorwürfe von Prof. Winterhoff.
Als Antwort auf die kritischen Briefe gegen seinen Lehplan, ließ CDU-Kultusminister Ralph Alexander Lorz im vergangenen Herbst einen Rundbrief verschicken. Darin verteidigt er seinen umstrittenen „Lehrplan zur Sexualerziehung“. Der Brief ist mit seinen mehr als zwei Seiten ungewöhnlich lang.
Hier sollen nur
die wichtigsten Abschnitte kommentiert, vor allem diejenigen, in denen die Forderung
nach „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ behandelt wird. Aus Gründen der
Übersichtlichkeit werden die Sätze des Kultusministers einzeln zitiert und gleich
kommentiert. So wird auch der unverbindliche, allgefällige und stellenweise beschwichtigende
Ton des Schreibens deutlicher, dessen Absicht klar ist: Wortreich auf Kritiker
zugehen und scheinbar die Hand ausstrecken, aber inhaltlich keine Konzessionen
machen! Die Sätze aus Lorz´ Brief erscheinen kursiv, die wichtigsten
Begriffe sind in fettem Schwarz hervorgehoben.
Der
Kultusminister schreibt:
Lorz: Mein
Ziel ist, dass wir in den Schulgemeinden einen wertschätzenden und
diskriminierungsfreien Umgang miteinander pflegen.
Kommentar: In
der Tat: Diese Umgangsform ist für Kultusminister Lorz die übergreifende
Zielsetzung. Man beachte nicht nur die eigentlich für Grüne übliche Rhetorik
von der "Diskriminierungsfreiheit": Der Umgang miteinander habe auch
"wertschätzend" zu erfolgen. Leider geht Lorz nicht darauf ein, aus
welchen Werten diese Wertschätzung sich herleiten soll. Denn eine Wertschätzung
existiert nicht per se, sie ergibt sich immer aus einer ethischen Gesinnung
heraus. Ich nehme in diesem Falle einmal an - wahrscheinlich wie viele andere
Leser auch -, dass der Kultusminister erwartet: Jeder habe seinem Gegenüber
grundsätzlich positiv gegenüberzustehen - und damit einen Anderen auch so
anzunehmen, wie er ist oder wie er sein will. Das heißt: Das Gegenüber müsse in
seiner gesamten Persönlichkeit und mit allen seinen Eigenschaften angenommen,
zuletzt also positiv bewertet werden. Jemand, der Wahrheit beansprucht oder
Kritik erhebt, ist unter solchen Bedingungen nicht mehr vorgesehen. Die
moralische Bewertung wird durch einen Wahrheitsrelativismus ersetzt. [So muss
man Lorz wohl verstehen, denn ansonsten ergibt das, was er im Rest des Absatzes
schreibt, keinen Sinn.]
Es ist
offensichtlich: Jene Form von Wertschätzung, wie sie dem Christdemokraten Lorz
vorschwebt, deckt sich nur teilweise mit der christlichen Ethik. Zwar ist der
Andere nach dem Gebot der Nächstenliebe in seinem So-Sein als Person
wertzuschätzen - für jeden gilt die Menschenwürde -, aber deshalb heißt das
noch lange nicht, dass auch seine Sünden und Fehler gutzuheißen wären. Ganz im
Gegenteil: Nach christlicher Auffassung beinhaltet die Nächstenliebe auch den
Wunsch gegenüber dem Nächsten, dass dieser glaubhaft bereit ist, sein
sündhaftes Verhalten abzulegen und seine Fehler zu korrigieren. Die christliche
Ethik lehnt damit ausdrücklich einen moralischen Indifferentismus ab.
Lorz: Aus
diesem Grund ist es von Bedeutung, dass Vielfalt nicht nur erduldet oder
ertragen wird, wie es der Begriff „Toleranz“ meint, sondern dass Vielfalt
akzeptiert wird in dem Sinne „Du bist okay, so wie du bist“.
Kommentar: Vor
allem am Begriff der Akzeptanz entzündete sich die Kritik. Von Beginn an
schieden sich daran die Geister, kreiste die öffentlichen Debatte um diesen
Punkt. Darf die Politik vom Bürger tatsächlich eine innere Akzeptanzhaltung
einfordern? Oder griffe so etwas nicht zu weit in die Persönlichkeitsrechte und
die Gefühls- und Gewissensfreiheit des Einzelnen ein? Darf der Staat dem Bürger
die Überzeugung vorschreiben: „Du bist okay, so wie du bist!"? Wäre
Kultusminister Lorz in seinem Schreiben ehrlich, müsste er wohl zugeben, dass
zwischen den Zeilen seines Textes ein Hang zu sanftem Gesinnungszwang gegenüber
abweichenden Meinungen erkennbar wird und sein neuer Schulerlass einem
Gleichheitspostulat der Differenzlosigkeit vorarbeitet. Mehr noch: Im Namen der
Akzeptanz von sexueller Vielfalt wird der Meinungsvielfalt, die in einer
Demokratie unabdingbare Voraussetzung politischer Willensbildung ist, schwerer
Schaden zugefügt - und das bereits in der Schule! Oder es ist tatsächlich so,
dass die Freiheit des Gewissens mit dem neuen Lehrplan gar nicht angetastet
wird? Dass staatlicher Akzeptanzzwang zur Meinungsvereinheitlichung gar nicht
vorliegt? So viel ist gewiss: Viele Schüler werden den Lehrplan als Anleitung
zur Heuchelei verstehen und vor allem eines lernen: ihre wahre Meinung zu
verbergen.
Sollte also der
Lehrplan auf diese Weise implementiert werden, wird dies zwangsläufig dazu
führen, dass sich viele Schüler verstellen. Sie werden nicht jedem sagen
wollen: „Du bist okay, so wie du bist.“ Natürlich werden sie sich zumeist so
äußern, wie es der neue Gesinnungskanon erwünscht. Wer will heutzutage schon
schulische Nachteile erleiden? Aber: Denken werden diese Schüler darüber
möglicherweise ganz anders.
Vielleicht ist
es gar nicht einmal vorgesehen, jeden Schüler hinsichtlich seiner Gesinnung zu
kontrollieren, inwieweit sie mit dem Credo des „Du bist okay, so wie du bist“
übereinstimmt. Doch die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass dabei dennoch ein
Druck für den Schüler entsteht, eine bestimmte Gesinnung anzunehmen.
In solch einem
Klima der Meinungsenge werden die meisten Schüler dazu verführt zu lügen: Von
Katholiken, Muslimen und Schülern weiterer Denominationen oder Religionen kann
man nicht erwarten, dass sie zu bekennenden Homosexuellen oder Transsexuellen
sagen: „Ihr seid okay, so wie ihr seid!“ Damit würden sie schlichtweg wichtige
Bereiche der Moral ihrer Religion verleugnen. Dies brächte sie in schwere
Gewissenskonflikte, denn sie wüssten: Es käme einem Glaubensabfall gleich.
Es braucht keine
hellseherischen Fähigkeiten, um zu prognostizieren, dass dieses Problem
aufkommen wird. Es ist geradezu skandalös und zeugt von Realitätsferne, dass
dies in sämtlichen Plädoyers der hessischen CDU für den Lehrplan nicht einmal
angesprochen wurde - zumal Religionsfreiheit in Deutschland Verfassungsrang
besitzt.
Lorz:
Niemandem wird dabei eine Ideologie aufgezwungen, niemand wird in eine Rolle
gedrängt.
Kommentar: Diese
Aussage ist schlichtweg falsch. Der Lehrplan besagt ausdrücklich, jeder solle
„akzeptieren“, dass es viele sexuelle Orientierungen gebe. Es wird also die
Akzeptanz einer ganz bestimmten Anthropologie gefordert, und zwar diejenige,
die der Gender-Ideologie innewohnt. In dieser Ideologie wird behauptet, dass es
eine Vielfalt von sexuellen Orientierungen gibt. Es gebe ein "soziales
Geschlecht", englisch "gender", das sich nach dem persönlichen
Gefühl richte. Manche Theoretiker dieser Ideologie sind der Auffassung, es gäbe
annähernd 70 solcher Identitäten (Facebook), andere reden von Tausenden. Einige
sind sogar der Auffassung, der Mensch befände sich in einem Fluidum sexueller
Orientierungen. Seine sexuelle Identität sei also gar nicht festgelegt und
definiert.
Lorz: Der Akzeptanzbegriff
in diesem Sinne beinhaltet keinesfalls die Aufforderung zum Nach- oder
Selbermachen, sondern verfolgt als übergeordnetes Ziel die
Diskriminierungsfreiheit.
Kommentar:
Niemand hat behauptet, dass der Lehrplan zum Nach- oder Selbermachen bestimmter
sexueller Verhaltenswiesen auffordert. Das wäre, nebenbei bemerkt, auch
illegal. Falls Ralph Alexander Lorz etwas Derartiges in den Lehrplan
geschrieben hätte, müsste sein Rücktritt die logische Konsequenz sein.
Aufschlussreich
ist diese Aussage dennoch, denn es geht dem Kultusminister in seinem Schreiben
darum, eine bestimmte Gesinnung von den Schülern einzufordern: die Akzeptanz
sexueller Vielfalt.
Mit seiner
Behauptung, die Schüler würden gar nicht zu einem „Nach- oder Selbermachen“
aufgefordert - und damit zu einem Handeln, dass unter Umständen ihrem eigenen
Gewissen zuwiderläuft -, könnte Lorz von einem wunden Punkt in seinem Konzept
ablenken wollen: Nämlich über den Lehrplan auf die Schüler einen Druck
aufzubauen, der darauf abzielt, eine bestimmte Gesinnung und eine entsprechende
Ethik anzunehmen.
Lorz: Ein
Verhalten zu akzeptieren, das für jemand anderen einen wichtigen Aspekt seines
Lebens bedeutet, ist Kennzeichen einer freiheitlichen Gesellschaft auch
und gerade dann, wenn dieses Verhalten für die Mehrheit nicht in Betracht
kommt.
Kommentar: Diese
Akzeptanz einzufordern verstößt nicht nur gegen die Religions-, sondern auch
gegen die Meinungsfreiheit. Was ist mit den Schülern, die die Existenz von 70
sexuellen Orientierungen für Blödsinn halten, weil genau das eben ihrer Meinung
entspricht? Werden sie der Schule verwiesen oder nur gemäß des neuen Lehrplans
"aufgeklärt"?
Die Forderung
nach „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ ist das Gegenteil von Freiheitlichkeit. Es
ist natürlich interessant, dass unter dem Deckmantel einer angeblichen
Freiheit, die sich ohne moralische Bindung ins Orientierungslose entgrenzt, die
tatsächliche Freiheit, die immer auf die Rückbindung an Prinzipien beharren
muss, eingeschränkt wird. Das unausgesprochene Ziel des Lehrplans ist ja gerade
dies: Die Einschränkung der Werturteile hinsichtlich gewisser sexueller
Orientierungen. Es wird dabei ausdrücklich gewünscht, dass die Kinder nicht
sagen: „Du bist nicht okay, so wie du bist."
Wenn der
Kultusminister tatsächlich so freiheitlich gesinnt wäre, wie er sich nach außen
hin gibt, so hätte er diese neuen Richtlinien auch nur als frei wählbare Kurse,
nicht aber als allgemein verbindlichen Unterrichtsstoff vorgeben können. Dann
hätten die Eltern oder die Schulkinder ab einem gewissen Alter selbst
entscheiden können, ob sie in „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ unterwiesen werden
wollen oder nicht.
Lorz: Wenn
Menschen sich zu einer bestimmten Thematik eines gesellschaftlichen Werturteils
enthalten – und auf nichts anderes zielt der Begriff der Akzeptanz in
unserem Lehrplan -, ist das nicht gleichzusetzen damit, dass sie alle
akzeptierten Alternativen auch für sich persönlich als Wert annehmen oder gar
anzunehmen haben.
Kommentar: Auf
Deutsch gesagt: Wenn ich nicht damit einverstanden bin, soll ich die Klappe
halten. Ist das die freiheitliche Gesellschaft, die Ralph Alexander Lorz
anstrebt?
An dieser Stelle
wird deutlich, dass Lorz´ Begriff von Akzeptanz nur funktionieren kann, wenn
man die Eigenschaften, die man bei anderen Menschen akzeptieren soll, sehr
stark eingrenzt. Ansonsten würden Forderungen nach Akzeptanz im Falle
diametralen Positionen miteinander kollidieren. Wer richtet darüber? Hier
werden unnötig neue Konfliktfelder geschaffen. Als ob es nicht genügend andere,
vielleicht dringendere Probleme im Schulbetrieb zu lösen gäbe?!
Wieso fordert
Lorz keine „Akzeptanz religiöser Orientierungen“? Die Religionsfreiheit besitzt
nicht nur Verfassungsrang, sondern ist in höchstem Grade identitätsstiftend.
Für viele Menschen ist die Religion viel wichtiger als etwa die Nationalität
oder die politische Präferenz.
Und: Ist es
nicht absurd, von Muslimen einzufordern, dass sie die Existenz tausender
sexueller Orientierungen akzeptieren sollen, wenn von deren Seite nicht einmal
erwartet wird, gegenüber christlichen Denominationen sich in Akzeptanz zu
üben?
Es muss
festgehalten werden: Ralph Alexander Lorz strebt bei manchen Konfessionen in
der Tat nichts Geringeres als die Einschränkung ihrer Religionsausübung an,
falls er „Akzeptanz“ sexueller Vielfalt“ einfordert. Für viele Religionen –
darunter viele christliche Denominationen - gehört nämlich das öffentliche
Bekenntnis zum Selbstverständnis des eigenen Glaubens. Gegebenenfalls kann dazu
beispielsweise gehören, praktizierte Homosexualität als Sünde zu bezeichnen.
Wendet man den Lehrplan konsequent an, dürfte so etwas nicht einmal im
Religionsunterricht auch nur ausgesprochen werden.
Fazit: Seit
Bekanntwerden des „Lehrplanes zur Sexualerziehung“ hat die CDU Hessens mehrmals
versucht, die Menschen von der Sinnhaftigkeit des neuen Lehrplans zu
überzeugen. Generalsekretär Manfred Pentz hat sich zum Lehrplan mindestens
zweimal schriftlich geäußert, Kultusminister Ralph Alexander Lorz immerhin
einmal.
Bislang sind sie
noch jedesmal gescheitert. Warum? Sie konnten - oder wollten - die Kritikpunkte
nicht ausräumen. Das geht auch gar nicht: Es ist zu offensichtlich, dass der
neue Lehrplan ideologisch inspiriert ist. Es ist ganz einfach: Will man aus der
Schule keine Indoktrinationsstätten à la Kambodscha machen, muss man den
Lehrplan ablehnen.
Will man beiden
Politikern sehr viel Wohlwollen entgegenbringen und nachsichtig glauben, dass
sie guten Gewissens handeln, muss man zumindest zu dem Schluss kommen, dass der
Lehrplan missverständlich redigiert ist und die Möglichkeit zulässt, die
Gender-Ideologie in die Schulen zu bringen.
Deshalb kann
dieser Lehrplan nicht mit Deutungen und Interpretationen korrigiert werden. Er
muss komplett weg!
© Mathias von Gersdorff. Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung
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