Sonntag, 13. November 2016

Parteitag der Grünen: Ehegattensplitting abschaffen, Steuern erhöhen, Rot-Rot-Grün ansteuern

Jürgen Trittin: Der linke Flügel bestimmt bei den Grünen die Marschroute. Pressefoto von Laurence Chaperon
Beim Parteitag der Grünen an diesem Wochenende hat sich der linke Flügel (Fundis) mit seinen steuerpolitischen Vorschlägen durchgesetzt. 

Trotz der Warnungen von „Gemäßigten“, wie etwa dem Ministerpräsidenten Baden-Württembergs, Winfried Kretschmann, wurde die Einführung einer Vermögenssteuer beschlossen. 

Zudem soll das Ehegattensplitting für zukünftige Ehen abgeschafft werden.

Diese Beschlüsse dokumentieren auch eine Präferenz der Partei für eine rot-rot-grüne Koalition nach der Bundestagswahl nächstes Jahr.

Insofern besitzt die Entscheidung zugunsten von Steuererhöhungen einen hohen symbolischen Wert und beendet eine Debatte, die seit der letzten Bundestagswahl 2013 in teils scharfer Form geführt wurde.

Die neue Ausrichtung der Partei hin zu Rot-Rot-Grün und weg von Schwarz-Grün könnte auch eine Reaktion auf den Wahlsieg von Donald Trump und die Erfolge von Parteien wie AfD, FPÖ, Front National etc. sein.

Vieles deutet nämlich darauf hin, dass Themen wie Gender, Privilegien für sexuelle Minderheiten oder Ökologie, die von linksakademischen Eliten favorisiert werden, aus der Mode kommen oder zumindest keine Wahlerfolge versprechen.

Die überwiegende Mehrheit der Kommentare zum Sieg Donald Trumps meinte, dass solche Themen von klassischen Wählern linker Parteien als abgehoben und realitätsfremd empfunden werden.

Der Ratschlag dieser Kommentaristen: Die Politiker sollten sich auf die Probleme des Alltags bzw. des realen Lebens konzentrieren.

Möglicherweise geschieht das schon: Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ deutete das Veto Sigmar Gabriels für die umfassenden, teils radikalen, klimapolitischen Beschlüsse von Bundesinnenministerin Barbara Hendricks (mit Zustimmung Angela Merkels) als eine Hinwendung zu einer Politik, die Arbeitsplätze schützt und bezahlbare Energiepreise anstrebt.

Auf der anderen Seite hat die CDU begonnen, diese linksakademischen Themen selber zu besetzen, wie zum Beispiel kürzlich in Hessen, wo CDU-Kultusminister Ralph Alexander Lorz einen verpflichtenden und fächerübergreifenden Gender-Lehrplan für alle Schulen beschlossen hat.

Linke Politiker, wie etwa Claus Lederer, konstatieren seit Längerem, dass die Strategie der CDU, traditionell linke Themen zu besetzen, den Parteien links der Mitte erhebliche Schwierigkeiten bereitet.

Eine Fokussierung auf Soziales und Wirtschaft könnte dem rot-rot-grünen Lager ermöglichen, stärker die Themen der öffentlichen Debatte während des beginnenden Wahlkampfes zu besetzen. 

So könnte sich in den Monaten bis zur Wahl eine geradezu surrealistische Situation ergeben: AfD, SPD, (links-)Grüne und Linke könnten als Advokaten der Arbeiter, des kleinen Mannes und als Beschützer der Arbeitsplätze auftreten, während die CDU als die Gender-Partei wahrgenommen wird, die die Kinder in der Schule mit dieser irrsinnigen Ideologie indoktrinieren will.

Hält die CDU an dieser Politik fest, so müsste sie Wahlkampf gegen ihre eigene Basis führen.

Ein Vorgeschmack davon konnte man schon bei der Demo für Alle am 30. Oktober in Wiesbaden haben: Während Antifa und radikale LSBTIQ-Aktivisten die CDU lobten, protestierten Eltern, Familien und religiös-motivierte Personen gegen den Gender-Lehrplan von CDU-Kultusminister Ralph Alexander Lorz.